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Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit war die Kaiserstadt Aachen neben Rom und Santiago de Compostela einer der wichtigsten Wallfahrtsorte Europas. In Aachen befanden sich die vier wichtigsten Heiligtümer des christlichen Glaubens: das Kleid Mariens, zwei Windeln des Jesuskindes, Jesu Lendentuch und das Enthauptungstuch des Johannes.
Um diese Heiligtümer vor Ort bestaunen zu können, reisten Menschen ab dem 13. Jahrhundert nach Aachen, denn dort wurden sie alle sieben Jahre öffentlich gezeigt. Bis heute findet die Pilgerfahrt in diesem Rhythmus statt - zuletzt 2007 und 2014. Aber vor allem im 14. und 15. Jahrhundert waren die „Aachenfahrten“ von großer Bedeutung. Im Jahre 1496 wurden an einem einzigen Tag kaum vorstellbare 142.000 Pilger in der Kaiserstadt gezählt. Während der Pilgerzeit war Aachen also meistens völlig überfüllt, denn die Stadt selbst hatte nur 10.000 Einwohner. Die Bevölkerung bereitete sich auf die Aachenfahrt oder Heiligtumsfahrt daher monatelang vor.

Die Heiligtümer wurden von einer Brücke an der Kuppel des Domes gezeigt. Viele der Anwohner bauten ihre Häuser deshalb so um, dass sie den Pilgern - natürlich gegen Bezahlung - eine bessere Aussicht auf die Heiligtümer bieten konnten. Die Straßen waren erfüllt von Gesang, Geschrei und eigenwilligen Gerüchen. Zeitgleich zur Pilgerfahrt gab es nämlich einen großen Jahrmarkt.

Auch die Raerener Töpfer profitierten vom Geschäft mit den Pilgerfahrten. Da Raeren auf einem der Wege nach Aachen lag, stellten die dortigen Töpfer - genauso wie ihre Kollegen aus Langerwehe - Waren für den Reisebedarf sowie Pilgergegenstände her. Dazu gehörten z. B. Pilgerhörner aus Ton. Diese, auch “Aachhörner” genannten Instrumente bliesen die Pilger in jenem Augenblick, da die Heiligtümer am Dom ausgestellt wurden. Es war der Höhepunkt ihrer Reise, sie waren glücklich, ihr Ziel erreicht zu haben und das ohrenbetäubende Getöse der Aachhörner brachte ihre Freude zum Ausdruck. Nach der Pilgerfahrt wurden die Hörner von den Pilgern als Andenken mit nach Hause genommen.